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Westland Wyvern
Die Westland Wyvern war ein trägergestützter Jagdbomber der britischen Royal Navy und eines der ungewöhnlichsten Flugzeuge der Nachkriegszeit. Sie kombinierte das Konzept eines Propellerflugzeugs mit einem modernen Turboprop-Antrieb und war das erste britische Flugzeug, das mit einer Gegendrehpropeller-Anlage in den aktiven Flotteneinsatz ging. Die Wyvern war schnell, schwer bewaffnet und für atomare wie konventionelle Angriffe ausgelegt – und doch war sie nur ein kurzes Übergangskapitel in der Entwicklung der Marinefliegerei vom Kolbenmotor zur Düsentechnik.
Die Ursprünge der Wyvern reichen zurück bis in den Zweiten Weltkrieg. Westland entwickelte sie ursprünglich als trägergestützten Langstreckenjäger mit dem Rolls-Royce Eagle-22 Kolbenmotor. Doch der Krieg endete, bevor das Projekt reif war – und mit dem Aufkommen des Turboprops wurde das Konzept neu ausgerichtet. Die Wyvern S.4, die spätere Serienversion, war mit einem Armstrong Siddeley Python-Triebwerk ausgestattet, das eine Gegendrehpropeller-Einheit antrieb – ein imposantes, zweiflügeliges System, das den enormen Drehmomentkräften des Triebwerks begegnete und gute Stabilität bei niedriger Geschwindigkeit erlaubte.
Der Erstflug der Wyvern erfolgte 1946, doch durch technische Probleme mit Triebwerk, Hydraulik und Luftschraube verzögerte sich die Indienststellung erheblich. Erst 1953 wurde die Maschine voll operationell – zu spät für den Koreakrieg, aber rechtzeitig für den Suezkrieg 1956, bei dem die Wyvern von den Trägern HMS Eagle und HMS Albion aus Bodenangriffe auf ägyptische Stellungen flog. Dort zeigte sie beachtliche Leistungen, war jedoch auch anfällig für Triebwerksprobleme. Mindestens eine Wyvern ging durch Triebwerksausfall während des Starts verloren – ein Symptom der unausgereiften Turboprop-Technologie dieser Ära.
Die Wyvern war ein schweres Flugzeug: rund 12,2 Meter lang, 14,6 Meter Spannweite, 4,6 Meter hoch und mit einem Leergewicht von über 7 Tonnen. Die Python-Triebwerke leisteten bis zu 4.000 Wellen-PS. Die Maschine erreichte Geschwindigkeiten von bis zu 620 km/h in mittleren Höhen und konnte über 2.000 kg Bomben, Raketen oder sogar Nuklearwaffen tragen. Vier 20-mm-Hispano-Kanonen sorgten für massive Feuerkraft im Luft-Boden-Einsatz. Trotz ihrer Masse war sie durch die Propellerkonstruktion erstaunlich kontrollierbar im Anflug auf Trägerdecks.
Die Produktion blieb jedoch begrenzt: Nur etwa 127 Maschinen wurden gebaut. Sie kamen ausschließlich bei der Fleet Air Arm zum Einsatz. Mit dem Fortschritt der Strahltriebwerke wurde die Wyvern rasch obsolet. Bereits 1958 wurde sie vollständig ausgemustert und durch Jet-Typen wie die Supermarine Scimitar ersetzt.
Die Wyvern war ein Flugzeug der Übergangszeit: optisch beeindruckend, technisch gewagt, operativ begrenzt – aber ein faszinierendes Beispiel für die Ambitionen der frühen Nachkriegszeit, das Beste aus Kolbenmotor-Handling und Jet-Power zu vereinen.
Technische Daten der Westland Wyvern S.4
Merkmal | Angabe |
---|---|
Hersteller | Westland Aircraft Ltd. |
Typ | Trägergestützter Jagdbomber (Turboprop) |
Erstflug | 1946 (Prototyp), Indienststellung ab 1953 |
Länge | 12,19 m |
Spannweite | 14,63 m |
Höhe | 4,62 m |
Leermasse | ca. 7.000 kg |
Startgewicht | ca. 10.900 kg |
Antrieb | 1 × Armstrong Siddeley Python (ca. 4.000 PS) |
Höchstgeschwindigkeit | ca. 620 km/h |
Dienstgipfelhöhe | ca. 10.700 m |
Reichweite | ca. 1.450 km |
Besatzung | 1 Pilot |
Bewaffnung | 4 × 20-mm-Hispano-Kanonen, Bomben, Raketen |
Stückzahl | 127 Stück |
Einsatzländer | Vereinigtes Königreich (Royal Navy) |
