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Seit drei Wochen versuche ich mir eine Meinung zu bilden über den Terror der Hamas und die Reaktion Israels, die Meinung in Deutschland und das Leid der Menschen in Palästina.
Ich finde das sehr schwierig. 
Ich habe den Terrorangriff der Hamas als beispiellos und enorm grausam und brutal mit eiskalter Planung wahrgenommen und dafür gibt es meiner Meinung nach keine Rechtfertigung und auch keine Relativierung. 
Dieser Konflikt hat eine Geschichte und ist sicher nicht im luftleeren Raum entstanden. An dieser Geschichte haben nicht nur Israelis und Palästinenser, sondern die ganze Welt ihren Anteil und keine Seite hat sich dabei übermäßig mit Ruhm bekleckert. Aber kein Fehler der Vergangenheit rechtfertigt diese Taten, weder im Kibbuz noch auf dem Festivalgelände. Ganz zu schweigen von den mehr als 200 Geiseln, Frauen, Kindern und alten Menschen, die entführt wurden. 
Der Staat Israel reagiert nun mit brutaler Härte. Jetzt gibt es durch die Angriffe viele zivile Opfer auf palästinensischer Seite, darunter viele Kinder und Frauen. Israel warnt vielleicht oder fordert zur Flucht auf. Ob das für alle Betroffenen machbar ist, wage ich zu bezweifeln. Zumal das Land komplett abgeriegelt ist, übrigens auch von den arabischen Nachbarn Ägypten und Jordanien. 
Wie weit darf ein Staat gehen? Da sind die Meinungen in der Welt absolut gespalten. Die Bandbreite reicht ja von Selbstverteidigung bis zum Völkermord. Ich bin da gespalten. Ich glaube, dass Israel schon sehr hart an der Grenze ist. Die Bodenoffensive ist für sie selbst schwierig und wahrscheinlich verlustreich. Das ständige Schießen und Bombardieren ist über einen längeren Zeitraum nicht zu rechtfertigen. Ich glaube auch nicht, dass die Hamas vernichtet werden kann. Deshalb bin ich der Meinung, dass die Befreiung der Geiseln oberste Priorität haben muss und die Bestrafung der Täter hinten anstehen muss. So wird man den großen Konflikt nicht lösen können. Keine Seite kann den Sieg erringen, nur das Sterben wird auf beiden Seiten weitergehen. 
Noch eine Bemerkung zu den arabischen Staaten. Einige haben ja inzwischen Freiden mit den Israelis geschlossen und versuchen, ein Miteinander anzustreben. Meiner Meinung nach wurde auch hier die Palästinenserfrage zu wenig beachtet oder gar ignoriert. Jetzt kann man laut schreien, aber als erste Maßnahme wurden die Grenzen geschlossen. Ob das eine humane Lösung ist, darüber möchte ich zumindest diskutieren.
Verstörend finde ich auch die Postings in den sozialen Medien. Da werden einfach Posts geteilt, egal ob man die Quelle kennt, Hauptsache es bestätigt die eigene Blase. Die Wahrheit ist mal wieder das erste Opfer bei der Meinungsbildung. Ich halte X, Instagram, Facebook oder Tic Toc mittlerweile für gefährlich. Sie könnten nützlich sein, aber sie dienen immer mehr nur der Polarisierung der Gesellschaft. Mangelnde Medienkompetenz ist hier leider die Ursache vieler Übel. 

Ein Paradebeispiel ist die Berichterstattung über die Explosion im Krankenhaus von Gaza. Jede Seite beschuldigte sofort die andere, für den Tod vieler Menschen verantwortlich zu sein, obwohl es bis heute keine hundertprozentige Gewissheit gibt. Je nachdem, wo man stand, wurde diese Meinung dann ungefiltert übernommen und verbreitet. Also ich weiß bis heute nicht, was da passiert ist. 
So und jetzt zu Deutschland. Die Politik, weite Teile der Bevölkerung und natürlich auch die Medien, allen voran die Bildzeitung, haben sich im ersten Reflex auf die Seite Israels geschlagen. Das ist vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte verständlich und über die Existenz des Staates Israel kann es auch keine Diskussion geben. Aber wie dieser Staat agiert, das passiert schon und das passiert immer mehr. Aber noch einmal: Die Form der Eskalation geht eindeutig auf das Konto der Hamas, das darf man nicht vergessen. 
Dass in deutschen Städten auch für Plästina, für die Menschen, die dort leiden und dass nach so vielen Jahren eine Lösung gefunden werden muss, ist für mich völlig in Ordnung. Aber wenn Gewalt verherrlicht wird oder dazu aufgerufen wird, dann ist das nicht mehr durch unser Demonstrationsrecht gedeckt und muss verfolgt werden oder die Demo muss aufgelöst werden.
Was mir aber viel mehr Angst macht. Das ist der Antisemitismus, der wieder offen zu Tage tritt. So eine Gesinnung darf nicht gesellschaftsfähig werden und es ist unser aller Aufgabe, hier dagegen zu halten. So etwas darf es auf deutschem Boden nie wieder geben. Aber der Begriff Antisemitismus ist für mich viel zu eng gefasst. Diskriminierung aufgrund von Religion und Herkunft ist ein großes Übel unserer Zeit. Nicht Herkunft und Religionen sollten der Maßstab für einen Menschen sein, sondern sein Handeln, und ich glaube, wenn wir uns alle hinterfragen, finden wir auch bei uns selbst Denkmuster, die es wert sind, überprüft zu werden.
Soweit meine Meinung. Sie ist sicher noch nicht zu Ende gedacht und ich freue mich auf konstruktive Diskussionen.

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