Direkt zum Inhalt
Technik_Entwicklung
1943
Beschreibung

Die Focke-Achgelis Fa 330 war ein unmotorisiertes Drehflügelflugzeug (Autogiro), das von der deutschen Firma Focke-Achgelis während des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde. Es wurde von der Kriegsmarine eingesetzt, um die Sichtweite von U-Booten zu vergrößern und deren Aufklärungskapazitäten zu verbessern. Das Fa 330 war ein einfaches, leichtes und faltbares Gyrokopterdesign, das ohne eigenen Antrieb auskam und von einem U-Boot geschleppt wurde.

Technische Daten der Focke-Achgelis Fa 330

  • Besatzung: 1 Pilot
  • Länge: 4,42 m
  • Rotordurchmesser: 8,50 m
  • Höhe: 1,62 m
  • Leermasse: 70 kg
  • Maximale Startmasse: 140 kg (inklusive Pilot)
  • Höchstgeschwindigkeit: Etwa 80 km/h (durch Schleppen)
  • Reichweite: Abhängig von der Schlepphöhe und den Windbedingungen
  • Dienstgipfelhöhe: 120–150 m (typische Schlepphöhe)
  • Antrieb: Kein eigener Antrieb; wurde von einem U-Boot geschleppt

Geschichte und Entwicklung der Focke-Achgelis Fa 330

Hintergrund

Während des Zweiten Weltkriegs war es für die deutschen U-Boote (U-Boot-Waffe) von entscheidender Bedeutung, feindliche Schiffe so früh wie möglich zu entdecken. Um die Sichtweite der U-Boote zu vergrößern, entwickelte Focke-Achgelis, eine auf Drehflügelflugzeuge spezialisierte Firma unter der Leitung des bekannten Hubschrauberpioniers Heinrich Focke, das unmotorisierte Autogiro Fa 330.

Die Entwicklung des Fa 330 begann in den frühen 1940er Jahren. Ziel war es, ein einfaches, leichtes und tragbares Fluggerät zu schaffen, das die Besatzungen von U-Booten beim Aufspüren von Schiffen unterstützte. Die Idee war, dass der Pilot im Fa 330 eine deutlich größere Sichtweite hätte als ein U-Boot aufgetaucht auf dem Wasser. Dies würde den U-Boot-Kommandanten ermöglichen, feindliche Schiffe früher zu entdecken und so Angriffspositionen effizienter zu planen.

Konstruktion und Design

Das Fa 330 war ein äußerst simples Autogiro-Design mit einem unmotorisierten Rotor, der durch den Luftstrom während des Schleppens gedreht wurde. Das Autogiro bestand aus einer offenen Sitzposition für den Piloten, einem Dreibeinfahrwerk und einem einfachen Heckausleger mit einem kleinen Seitenruder zur Steuerung. Das Hauptrotorsystem bestand aus einem dreiblättrigen Freilaufrotor, der eine Rotorblatthalterung aus Metall aufwies.

Das Schleppen des Fa 330 erfolgte von einem aufgetauchten U-Boot, wobei das Autogiro über eine Kabelverbindung hinter dem U-Boot hergezogen wurde. Der Luftstrom sorgte dafür, dass der Rotor in Autorotation versetzt wurde, wodurch das Fa 330 aufstieg. Der Pilot saß offen im Cockpit und hatte eine deutlich größere Sichtweite als von der Brücke des U-Boots aus. Der Schlepphöhepunkt lag typischerweise bei 120 bis 150 Metern, was die Sichtweite erheblich erweiterte.

Das Autogiro war leicht und konnte schnell montiert und demontiert werden, sodass es platzsparend auf U-Booten verstaut werden konnte. Bei Gefahr konnte der Pilot das Fa 330 sofort abtrennen und mit einem Fallschirm abspringen, während das U-Boot abtauchte.

Flugeigenschaften

Das Fa 330 war durch sein einfaches Design sehr leicht zu bedienen. Da es sich um einen unmotorisierten Autogiro handelte, gab es keine komplexen Antriebssysteme. Der Rotor drehte sich im Flug durch den Luftstrom, der während des Schleppens erzeugt wurde. Der Pilot hatte grundlegende Steuerelemente, um das Fa 330 zu stabilisieren und auf der gewünschten Höhe zu halten.

Die Sicht aus dem Cockpit war hervorragend, da es keine Hindernisse gab, und der Pilot konnte den Horizont in alle Richtungen gut überblicken. Dies machte das Fa 330 zu einem wertvollen Werkzeug zur frühen Erkennung von feindlichen Schiffen.

Einsatzgeschichte

  1. Aufklärung für U-Boote: Das Fa 330 wurde hauptsächlich von U-Booten des Typs IX verwendet, die aufgrund ihrer größeren Größe genügend Platz boten, um das Autogiro zu transportieren und einzusetzen. In den späten Kriegsjahren setzten einige deutsche U-Boote das Fa 330 im Südatlantik und im Indischen Ozean ein, wo die Entdeckung feindlicher Konvois entscheidend für den Erfolg von U-Boot-Operationen war.
  2. Eingeschränkter Einsatz: Trotz seines potenziellen Nutzens wurde das Fa 330 nur begrenzt eingesetzt, da die Schleppverfahren und die Gefahr für das U-Boot beim Einsatz dieses Geräts den Einsatz in der Praxis erschwerten. Das größte Risiko bestand darin, dass das U-Boot während des Einsatzes des Fa 330 aufgetaucht bleiben musste, was es anfällig für feindliche Luftangriffe oder Überwasserschiffe machte. Sobald ein Feind entdeckt wurde, musste das U-Boot dem Fa 330 genügend Zeit geben, um sicher abzukoppeln, bevor es tauchte, was in Gefahrensituationen ein Risiko darstellte.
  3. Erfahrungen in realen Einsätzen: Die Berichte über den Einsatz des Fa 330 in realen Kampfhandlungen sind begrenzt. Der Nutzen des Geräts war theoretisch vielversprechend, doch die taktischen Einschränkungen und das Risiko, das ein U-Boot bei aufgetauchtem Betrieb eingeht, führten dazu, dass es nur in einigen wenigen Fällen erfolgreich eingesetzt wurde.

Schwächen und Außerdienststellung

Die Hauptschwäche des Fa 330 lag darin, dass es nur in ruhigen und nicht umkämpften Gewässern effektiv eingesetzt werden konnte. Da das U-Boot während des Einsatzes des Fa 330 aufgetaucht bleiben musste, war es extrem anfällig für Luftangriffe oder die Entdeckung durch feindliche Schiffe. In den späteren Kriegsjahren, als die Alliierten eine klare Luftherrschaft und die Oberwasserjäger etablierten, wurde der Einsatz des Fa 330 zunehmend gefährlich und impraktikabel.

Gegen Ende des Krieges und mit dem Rückgang der deutschen U-Boot-Flotte verschwand das Fa 330 weitgehend von der Bildfläche.

Bedeutung und Erbe der Focke-Achgelis Fa 330

Die Focke-Achgelis Fa 330 war ein faszinierendes technisches Experiment in der militärischen Luftaufklärung und bot eine einzigartige Lösung für die Erweiterung der Sichtweite von U-Booten. Obwohl sie nur begrenzt erfolgreich war, demonstrierte sie die potenzielle Nützlichkeit von unmotorisierten Luftfahrzeugen für die Schiffsaufklärung.

Das Fa 330 ist heute ein historisches Kuriosum und bleibt ein Symbol für die kreativen Lösungen, die im Zweiten Weltkrieg zur Überwindung von Herausforderungen entwickelt wurden. Es war einer der wenigen Versuche, Autogiros für militärische Operationen zu nutzen.

Fazit

Die Focke-Achgelis Fa 330 war ein unmotorisiertes Autogiro, das von deutschen U-Booten während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt wurde, um ihre Aufklärungsfähigkeiten zu verbessern. Obwohl es in der Theorie nützlich war, erwies sich sein Einsatz in der Praxis als schwierig und gefährlich, was seine Einsatzzeit einschränkte. Dennoch bleibt das Fa 330 ein einzigartiges Stück Luftfahrtgeschichte, das die Kreativität und den Erfindungsreichtum im militärischen Bereich während des Zweiten Weltkriegs veranschaulicht.

Titelbild
RAF Midlands - Focke-Achgelis Fa 330 (2019)
Galerie

ort_technik