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Die English Electric Thunderbird war eine boden-gestützte Mittelstrecken-Boden-Luft-Rakete (SAM), die in den 1950er Jahren von der English Electric Company (später BAC, heute Teil von BAE Systems) entwickelt wurde. Sie war als Luftverteidigungssystem konzipiert und wurde von der britischen Royal Artillery betrieben, um wichtige militärische und zivile Einrichtungen vor feindlichen Bombern und Flugzeugen zu schützen. Die Thunderbird war eines der ersten bodengestützten Flugabwehrsysteme der britischen Armee und spielte eine bedeutende Rolle im Luftverteidigungsnetz Großbritanniens während des Kalten Krieges.
Technische Daten der Thunderbird
- Bezeichnung: Thunderbird
- Typ: Boden-Luft-Rakete (SAM)
- Hersteller: English Electric Company
- In Dienst gestellt: 1959
- Einsatzzeit: 1959–1977 (in Großbritannien)
Abmessungen
- Länge: 6,4 Meter
- Durchmesser: 53 cm
- Spannweite: 1,52 Meter (Steuerflächen)
- Gewicht: 1.100 kg (Thunderbird Mark I)
Antrieb
- Raketenmotor: Zwei Feststoffbooster für den Start, dann ein Rolls-Royce Raven Turbojet-Triebwerk für den Marschflug.
Leistung und Reichweite
- Maximale Reichweite:
- Thunderbird Mark I: Ca. 30 km
- Thunderbird Mark II: Bis zu 48 km
- Maximale Flughöhe: Bis zu 20.000 Meter
- Geschwindigkeit: Mach 2,5 (ca. 3.060 km/h)
Lenkung und Steuerung
- Zielsteuerung: Halbaktive Radarlenkung – Die Thunderbird nutzte ein Bodenradar, um Ziele zu erfassen und zu verfolgen, während die Rakete die reflektierten Radarwellen für die Zielerfassung verwendete.
- Zielerfassungsradar: Die Rakete wurde durch das Ferranti Type 83 Radar geleitet, das auch in anderen britischen Luftverteidigungssystemen eingesetzt wurde.
Gefechtskopf
- Sprengkopfgewicht: Ca. 70 kg hochexplosiver Splittergefechtskopf
- Zündung: Näherungszünder, um die Rakete nahe am Ziel zur Detonation zu bringen.
Geschichte und Entwicklung
Die Entwicklung der Thunderbird begann in den 1950er Jahren als Teil der Bemühungen Großbritanniens, ein fortschrittliches Luftverteidigungssystem zu schaffen, das den wachsenden Bedrohungen durch sowjetische Bomber im Kalten Krieg standhalten konnte. Die Royal Air Force und die Royal Artillery wollten eine mobile Rakete, die in der Lage war, feindliche Flugzeuge auf mittleren bis großen Entfernungen abzufangen und zu zerstören.
Thunderbird Mark I
Die Thunderbird Mark I trat 1959 in Dienst und war das erste Modell der Serie. Sie nutzte ein Rolls-Royce Turbojet-Triebwerk für den Marschflug und einen Feststoffbooster, um die Rakete in die Luft zu bringen. Das System war in der Lage, feindliche Flugzeuge auf bis zu 30 km Entfernung abzuschießen.
Thunderbird Mark II
Die Thunderbird Mark II brachte mehrere wichtige Verbesserungen. Sie wurde 1966 eingeführt und verfügte über eine erhöhte Reichweite von bis zu 48 km, eine bessere Zielerfassung und eine höhere Geschwindigkeit. Diese Version wurde zur primären Luftverteidigungsrakete der britischen Armee.
Einsatzgebiete und Nutzung
Die Thunderbird wurde in Großbritannien und Zypern zur Verteidigung von Militärstützpunkten und wichtigen strategischen Zielen eingesetzt. Die Rakete diente als Schutzschild gegen feindliche Luftangriffe und sollte die britische Luftverteidigungslinie verstärken, insbesondere gegen sowjetische Bomber während des Kalten Krieges.
- Stationierung in Zypern: Die Thunderbird war auch ein wichtiger Bestandteil der Verteidigung der britischen Stützpunkte in Zypern, die während des Kalten Krieges als strategische Vorposten im Mittelmeerraum dienten.
- Einsatz in der Heimatverteidigung: In Großbritannien war die Thunderbird an mehreren Standorten stationiert, um potenzielle Luftangriffe auf die Royal Air Force-Stützpunkte und die Industriezentren des Landes zu verhindern.
Stärken und Schwächen der Thunderbird
Stärken
- Langstreckenabwehr: Die Thunderbird war in der Lage, feindliche Flugzeuge auf große Entfernungen zu bekämpfen, was sie zu einer wichtigen Verteidigungswaffe gegen Bomber und Jagdflugzeuge machte.
- Zuverlässiges Radarlenksystem: Die halbaktive Radarlenkung war eine der zuverlässigsten Technologien der 1950er und 1960er Jahre und ermöglichte eine präzise Verfolgung und Bekämpfung von schnellen Zielen.
- Hohe Geschwindigkeit: Mit einer Geschwindigkeit von Mach 2,5 konnte die Thunderbird feindliche Flugzeuge schnell erreichen und war in der Lage, hochfliegende und manövrierfähige Ziele abzufangen.
Schwächen
- Anfälligkeit für elektronische Störungen: Wie viele radargelenkte Systeme ihrer Zeit war die Thunderbird anfällig für elektronische Gegenmaßnahmen (ECM), die ihre Fähigkeit zur genauen Zielerfassung beeinträchtigen konnten.
- Begrenzte Mobilität: Die Rakete war relativ groß und benötigte eine aufwendige Infrastruktur für ihre Stationierung und den Betrieb, was ihre Mobilität im Vergleich zu moderneren Systemen einschränkte.
- Veraltete Technologie: Obwohl die Thunderbird in den 1960er Jahren als fortschrittlich galt, wurde sie in den 1970er Jahren durch modernere Flugabwehrsysteme wie die Rapier-Rakete ersetzt, die besser manövrierbare Ziele bekämpfen konnte.
Modernisierungen und Außerdienststellung
Im Laufe ihrer Einsatzzeit wurde die Thunderbird mehrfach modernisiert, um ihre Zielerfassungs- und Lenkfähigkeiten zu verbessern. Trotzdem wurde sie in den 1970er Jahren zunehmend als veraltet angesehen und schließlich 1977 außer Dienst gestellt. Die Einführung der Rapier-Raketen-Systeme, die kleiner, mobiler und effektiver gegen moderne Bedrohungen waren, führte zur Ausmusterung der Thunderbird.
Zusammenfassung
Die English Electric Thunderbird war eine wichtige Boden-Luft-Rakete im britischen Luftverteidigungssystem während des Kalten Krieges. Sie spielte eine Schlüsselrolle beim Schutz von Militärstützpunkten und wichtigen strategischen Zielen in Großbritannien und im Ausland, insbesondere vor der Bedrohung durch sowjetische Bomber. Mit ihrer halbaktiven Radarlenkung, ihrer hohen Geschwindigkeit und der Langstreckenfähigkeit war die Thunderbird ein bedeutendes Waffensystem der Royal Artillery. Trotz ihrer Stärken wurde sie schließlich durch modernere, flexiblere Systeme wie die Rapier-Rakete ersetzt und 1977 außer Dienst gestellt.