MBDA Alarm
Die ALARM (Air-Launched Anti-Radiation Missile) ist eine Luft-Boden-Rakete mit Anti-Radar-Funktion, die speziell entwickelt wurde, um feindliche Radarsysteme zu zerstören. Die Rakete wurde in den 1980er Jahren von British Aerospace entwickelt und später von MBDA weitergeführt. ALARM war darauf ausgelegt, gegnerische Luftabwehrsysteme durch die Zerstörung ihrer Radareinrichtungen auszuschalten, um Flugzeugen einen sichereren Einsatz im Zielgebiet zu ermöglichen.
Technische Daten der ALARM
- Bezeichnung: ALARM (Air-Launched Anti-Radiation Missile)
- Typ: Anti-Radar-Rakete / Anti-Radiation Missile (ARM)
- Hersteller: British Aerospace (BAe), später MBDA
- In Dienst gestellt: 1990
- Einsatzzeit: 1990–2013 (bei der Royal Air Force)
Abmessungen
- Länge: 4,3 Meter
- Durchmesser: 22 cm
- Gewicht: 268 kg
Antrieb
- Raketenmotor: Feststoffraketenmotor
Leistung und Reichweite
- Maximale Reichweite: Bis zu 93 km (je nach Abwurfhöhe und Flugprofil)
- Geschwindigkeit: Überschallgeschwindigkeit (Mach 2)
Lenkung und Steuerung
- Zielsteuerung: Passive Radar-Zielsuchsystem (Anti-Radiation). Die ALARM-Rakete erkennt und verfolgt die Radarstrahlung eines feindlichen Luftverteidigungssystems.
- Flugprofile:
- Direkter Angriff: ALARM fliegt direkt auf die Radarquelle zu, sobald diese entdeckt wird.
- Loiter-Modus: ALARM kann in einem "Loitering"-Modus verweilen, um auf das Einschalten eines gegnerischen Radars zu warten, auch wenn das Radar vorübergehend abgeschaltet wird. Die Rakete steigt in großer Höhe auf und wartet, bis der Radarsender wieder aktiv wird, bevor sie herabstürzt, um das Ziel zu treffen.
Gefechtskopf
- Sprengkopfgewicht: Ca. 25 kg hochexplosiver Splittergefechtskopf
- Zündung: Aufschlagzünder oder Näherungszünder
Geschichte und Entwicklung
Die ALARM-Rakete wurde in den 1980er Jahren von British Aerospace als Reaktion auf die Notwendigkeit entwickelt, gegnerische Luftverteidigungssysteme zu neutralisieren. Anti-Radiation-Raketen (ARM) wie ALARM sollten die Bedrohung durch bodenbasierte Radaranlagen und Flugabwehrraketen reduzieren, die auf diese Radarstationen angewiesen waren.
Die Rakete wurde als Anti-Radar-Waffe konzipiert, um feindliche Such- und Feuerleitradarsysteme zu zerstören, die für den Betrieb von Flugabwehrbatterien wie der sowjetischen S-75 Dvina (SA-2) oder der moderneren S-300 entscheidend waren.
Fortschrittliche Anti-Radar-Technologie
Was die ALARM besonders machte, war ihre Fähigkeit, in den Loiter-Modus zu gehen. Dies war eine der ersten Anti-Radar-Raketen, die so konzipiert wurde, dass sie in großer Höhe kreisen konnte, wenn ein gegnerisches Radar ausgeschaltet wurde, und darauf wartete, dass es sich wieder einschaltete. Dieser Modus ermöglichte es der Rakete, auf taktische Täuschungsmanöver der feindlichen Luftverteidigung zu reagieren, die ihr Radar absichtlich abschalteten, um herannahenden Anti-Radar-Raketen zu entgehen.
Einsatz in Konflikten
Die ALARM-Rakete wurde von der Royal Air Force (RAF) in mehreren Konflikten eingesetzt, insbesondere in Operationen, in denen die Luftverteidigung des Gegners überwunden werden musste.
- Erster Golfkrieg (1991): Während der Operation Desert Storm wurde die ALARM eingesetzt, um irakische Luftverteidigungssysteme zu zerstören. Die Fähigkeit, feindliche Radaranlagen anzugreifen, half den Koalitionsstreitkräften, Lufthoheit zu erlangen.
- Kosovo-Konflikt (1999): Während der NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien spielte die ALARM eine Schlüsselrolle bei der Unterdrückung feindlicher Luftverteidigungssysteme (SEAD) und ermöglichte es den NATO-Flugzeugen, sicher in den jugoslawischen Luftraum einzudringen.
- Irakkrieg (2003): In der Operation Iraqi Freedom wurde die ALARM erneut eingesetzt, um irakische Radaranlagen und Flugabwehrsysteme auszuschalten und die Luftüberlegenheit der Koalitionsstreitkräfte sicherzustellen.
Stärken und Schwächen der ALARM
Stärken
- Hohe Präzision: Die ALARM-Rakete war in der Lage, Radarstrahlen genau zu erkennen und zu verfolgen, was sie äußerst effektiv gegen Radarbasierte Flugabwehrsysteme machte.
- Loiter-Modus: Dieser Modus ermöglichte es der Rakete, auch dann effektiv zu sein, wenn der Feind versuchte, die Rakete durch Abschalten des Radars zu täuschen. Der Loitering-Angriff war eine fortschrittliche Taktik, die die Überlebenschancen der Waffe erhöhte.
- Langstreckenreichweite: Mit einer Reichweite von über 90 km konnte die ALARM aus einer sicheren Entfernung gestartet werden, wodurch das Trägerflugzeug vor feindlichen Luftverteidigungssystemen geschützt war.
Schwächen
- Einsatzzweck: Die ALARM war spezifisch auf die Bekämpfung von Radarquellen ausgelegt, was sie in Szenarien, in denen der Feind keine Radarabwehrsysteme einsetzte, relativ nutzlos machte.
- Veraltete Technologie: Im Vergleich zu moderneren Anti-Radar-Waffen, die inzwischen auf fortgeschrittenere Technologien wie Heimmodus-Systeme (die auf ein Ziel selbstständig zulaufen) setzen, war ALARM gegen neuere, modernere elektronische Abwehrmaßnahmen anfällig.
Zusammenfassung
Die MBDA ALARM war eine innovative Anti-Radiation-Rakete, die speziell entwickelt wurde, um feindliche Radarsysteme zu zerstören und somit die feindliche Luftverteidigung zu schwächen. Ihr Loiter-Modus, der es der Rakete ermöglichte, nach dem Abschalten von Radarsystemen in der Luft zu kreisen und auf deren erneute Aktivierung zu warten, machte sie zu einer leistungsstarken Waffe im Kampf gegen feindliche Luftverteidigung.
Trotz ihrer Effektivität in Konflikten wie dem Golfkrieg und dem Irakkrieg wurde die ALARM 2013 aus dem Dienst der Royal Air Force genommen. Sie bleibt jedoch ein bedeutender Meilenstein in der Entwicklung von Anti-Radar-Waffen und war ein entscheidender Faktor für den Erfolg moderner SEAD-Operationen (Suppression of Enemy Air Defenses).