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USA
Technik_Entwicklung
1952
Beschreibung

Die Nike Hercules (offiziell MIM-14 Nike Hercules) war ein boden-luftgestütztes Flugabwehrraketensystem, das in den 1950er Jahren von den USA entwickelt wurde, um eine mittel- bis hochreichende Flugabwehr gegen feindliche Bomber und später auch gegen ballistische Raketen zu gewährleisten. Die Nike Hercules war eine Weiterentwicklung des ursprünglichen Nike Ajax-Systems und bot verbesserte Reichweite, Zielgenauigkeit und die Möglichkeit, sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe zu tragen.

Technische Daten der Nike Hercules

  • Bezeichnung: MIM-14 Nike Hercules
  • Typ: Boden-Luft-Rakete (SAM)
  • Hersteller: Western Electric, Bell Labs
  • In Dienst gestellt: 1958
  • Außerdienststellung: 1988 (USA), in einigen Ländern bis in die 1990er Jahre

Abmessungen

  • Länge: 12,2 Meter
  • Durchmesser: 0,8 Meter
  • Spannweite: 2,2 Meter (mit Steuerflächen)
  • Gewicht: 4.850 kg (einsatzbereit)

Antrieb

  • Erste Stufe (Booster): Vier Feststoffraketen-Booster (vom Typ Nike Hercules)
  • Zweite Stufe (Marschflugkörper): Feststoffraketentriebwerk
  • Geschwindigkeit: Mach 3,65 (ca. 4.500 km/h)

Leistung und Reichweite

  • Maximale Reichweite: Bis zu 140 km (je nach Version und Einsatzprofil)
  • Maximale Höhe: Bis zu 45 km
  • Mindestreichweite: 20 km (näher an das Ziel konnte sie nur schwer herankommen)

Zielarten:

  • Primärziele: Langstreckenbomber, Überschallbomber
  • Sekundärziele: Abfang von ballistischen Raketen im mittleren Bereich (spätere Versionen)

Lenkung und Steuerung

  • Zielsteuerung: Semi-aktive Radarlenkung – Die Nike Hercules wurde durch ein Bodenradar gelenkt, das das Ziel verfolgte und die Rakete in Richtung des Ziels steuerte.
  • Leitsystem: Kombination aus Bodenradar und Bodensteuerung, wobei das Ziel vom Radar erfasst wurde und die Rakete durch eine Funkverbindung geführt wurde.

Gefechtskopf

  • Konventionelle Version: 500 Pfund hochexplosiver Gefechtskopf
  • Nukleare Version: Es konnte eine thermonukleare Sprengladung mit einer Sprengkraft von bis zu 20 Kilotonnen getragen werden.
  • Zündung: Näherungszünder oder Aufschlagzünder

Geschichte und Entwicklung

Die Entwicklung der Nike Hercules begann als Teil der Bemühungen der USA in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren, ein verbessertes Flugabwehrraketensystem zu schaffen, das die Fähigkeit der USA zur Verteidigung gegen feindliche Bomber, insbesondere sowjetische Langstreckenbomber, verstärken würde. Die Nike Ajax, die Vorgängerversion der Nike Hercules, war bereits in den frühen 1950er Jahren im Dienst, aber ihre begrenzte Reichweite und Fähigkeit machten sie unzureichend angesichts der Bedrohung durch fortschrittlichere sowjetische Bomber und möglicherweise ballistische Raketen.

Ziele der Entwicklung

  • Verbesserte Reichweite und Durchschlagskraft: Die Nike Hercules wurde entwickelt, um weit größere Entfernungen als die Nike Ajax abzudecken und um sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe tragen zu können. Dies ermöglichte es, große Bomberverbände sowie ballistische Raketen auf sehr große Entfernungen und in großer Höhe zu bekämpfen.
  • Mehrfachziele: Die Nike Hercules sollte in der Lage sein, gegen mehrere Ziele gleichzeitig vorzugehen, darunter auch Flugzeuge, die in Überschallgeschwindigkeit operieren konnten.

Einsatzgebiete und Operationen

Die Nike Hercules wurde hauptsächlich während des Kalten Krieges in den USA und ihren Verbündeten eingesetzt, um die Verteidigung gegen die Bedrohung durch sowjetische Langstreckenbomber zu stärken. Sie wurde in zahlreichen Ländern weltweit stationiert, insbesondere in Europa und Ostasien, wo sie in den Verteidigungsnetzen der NATO und der SEATO-Allianz eine Schlüsselrolle spielte.

Nationale Einsätze

  1. USA: In den Vereinigten Staaten wurde die Nike Hercules in den 1950er und 1960er Jahren um große Städte und wichtige Militäranlagen herum stationiert, um diese vor sowjetischen Nuklearangriffen zu schützen. Stützpunkte waren vor allem rund um Städte wie New York, Chicago, San Francisco und Washington D.C..
  2. Europa: In den NATO-Mitgliedsstaaten wurde die Nike Hercules als Teil der Luftverteidigungsstrategie gegen sowjetische Bomberverbände eingesetzt. Länder wie Deutschland, Italien und die Niederlande setzten die Nike Hercules ein.
  3. Südkorea und Taiwan: Die Raketen wurden auch in Südkorea und Taiwan stationiert, um diese Länder vor Bedrohungen aus Nordkorea bzw. China zu schützen.

Nukleare Kapazität

Die Fähigkeit, nukleare Sprengköpfe zu tragen, machte die Nike Hercules besonders relevant während der heißesten Phasen des Kalten Krieges. Die Rakete konnte zur Abwehr von großen Bomberverbänden oder auch gegen ballistische Raketen mit einem nuklearen Sprengkopf eingesetzt werden, um mehrere Ziele auf einmal auszuschalten.

Ballistische Raketenabwehr

In den späten 1960er Jahren wurde die Nike Hercules auch für die ballistische Raketenabwehr angepasst, insbesondere im Zusammenhang mit der zunehmenden Bedrohung durch sowjetische ballistische Mittelstreckenraketen. Sie konnte als Frühwarnsystem fungieren und Raketen im mittleren Flugabschnitt abfangen, bevor die eigentliche Endphasen-Abwehr durch neuere Systeme erfolgte.

Stärken und Schwächen der Nike Hercules

Stärken

  • Lange Reichweite und Höhe: Die Nike Hercules war in der Lage, feindliche Ziele in sehr großer Entfernung und Höhe zu erreichen, was sie zu einer hervorragenden Langstrecken-Flugabwehrrakete machte.
  • Nuklearfähige Waffe: Die Fähigkeit, sowohl konventionelle als auch nukleare Gefechtsköpfe zu tragen, machte die Nike Hercules äußerst vielseitig im Einsatz.
  • Flexibilität in der Zielbekämpfung: Die Rakete konnte eine Vielzahl von Zielen bekämpfen, darunter Überschallbomber und später auch ballistische Raketen.
  • Zuverlässiges Lenkungssystem: Mit der semi-aktiven Radarlenkung konnte die Nike Hercules präzise auf ihre Ziele gelenkt werden, unabhängig von Wetter- oder Sichtverhältnissen.

Schwächen

  • Veraltete Technologie: Bis in die 1970er Jahre hinein begann die Technologie der Nike Hercules zu veralten, insbesondere im Vergleich zu neueren, moderneren Raketenabwehrsystemen wie der Patriot-Rakete.
  • Hohe Kosten und Größe: Die Nike Hercules war ein großes und teures System, das viel Infrastruktur und Personal benötigte, um effektiv betrieben zu werden.
  • Begrenzte Mobilität: Die Nike Hercules war eine stationäre Waffe, die fest in Verteidigungsanlagen installiert werden musste. Dies machte sie im Vergleich zu mobilen Flugabwehrsystemen weniger flexibel.

Zusammenfassung

Die Nike Hercules war eine der ersten Langstrecken-Flugabwehrraketen, die in der Lage war, feindliche Bomber und ballistische Raketen auf große Entfernungen und Höhen zu bekämpfen. Sie spielte eine entscheidende Rolle im Verteidigungsnetz der USA und ihrer Verbündeten während des Kalten Krieges, insbesondere zur Abschreckung von sowjetischen Luftangriffen und Atomwaffenangriffen. Die Fähigkeit, nukleare Sprengköpfe zu tragen, machte die Nike Hercules zu einer potenziell verheerenden Waffe gegen massive Bomberverbände.

Obwohl die Nike Hercules später durch modernere Systeme wie die MIM-104 Patriot ersetzt wurde, bleibt sie ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte der Flugabwehrtechnologie und eine der wichtigsten Verteidigungswaffen des Kalten Krieges.

Titelbild
Berlin Gatow - Nike Hercules (2019)
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