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Die Henschel Hs 293 war eine ferngesteuerte Gleitbombe, die von den deutschen Streitkräften während des Zweiten Weltkriegs entwickelt und eingesetzt wurde. Sie gilt als eine der ersten präzisionsgelenkten Waffen in der Geschichte und wurde hauptsächlich gegen feindliche Schiffe eingesetzt. Die Hs 293 wurde von Flugzeugen abgeworfen und konnte über Funk zum Ziel gelenkt werden, wodurch sie eine höhere Präzision bot als herkömmliche Bomben.
Technische Daten der Hs 293
- Bezeichnung: Henschel Hs 293
- Typ: Ferngesteuerte Gleitbombe
- Hersteller: Henschel Flugzeug-Werke AG
- In Dienst gestellt: 1943
- Einsatzzeit: 1943–1944
Abmessungen
- Länge: 3,85 Meter
- Spannweite: 3,10 Meter (mit Flügeln)
- Durchmesser: Ca. 0,47 Meter
- Gewicht: Ca. 1.045 kg
Antrieb
- Triebwerk: Ein Walter HWK 109-507 Feststoffraketenmotor
- Schubkraft: Ca. 590 kg Schub
- Geschwindigkeit: Bis zu 435 km/h im Gleitflug nach dem Abwurf
Leistung und Reichweite
- Maximale Reichweite: Bis zu 18 km (je nach Abwurfhöhe)
- Abwurfhöhe: Idealerweise zwischen 1.000 und 7.000 Metern
Lenkung und Steuerung
- Zielsteuerung: Die Hs 293 wurde nach dem Abwurf durch Funkbefehle vom Flugzeug aus gesteuert. Der Bombenschütze verfolgte die Bombe visuell und konnte sie mit einem Funklenksystem (Funkempfänger Kehl/Strassburg) zum Ziel lenken.
- Flugsteuerung: Kleine Flügel und Höhenleitwerke an der Bombe ermöglichten kontrollierte Richtungsänderungen während des Gleitflugs.
Gefechtskopf
- Sprengkopfgewicht: Ca. 295 kg hochexplosiver Sprengstoff
- Zündung: Aufschlagzünder, der die Bombe beim Kontakt mit dem Ziel explodieren ließ.
Geschichte und Entwicklung
Die Hs 293 wurde in den späten 1930er Jahren von der deutschen Firma Henschel entwickelt, um die Effektivität von Bombenangriffen auf Schiffe zu erhöhen. Herkömmliche Bombenangriffe gegen stark gepanzerte Schiffe hatten sich als unzuverlässig erwiesen, da die Bomben häufig ihr Ziel verfehlten oder nicht genügend Durchschlagskraft hatten, um schwere Schäden zu verursachen. Die Hs 293 sollte diese Probleme beheben, indem sie eine gelenkte Bombe zur Verfügung stellte, die aus großer Höhe abgeworfen und durch Fernsteuerung präzise auf feindliche Schiffe gelenkt werden konnte.
Entwicklung und erste Einsätze
Die Hs 293 wurde im Jahr 1940 getestet und ging 1943 in den aktiven Einsatz über. Sie war speziell darauf ausgelegt, schlecht geschützte Schiffe, wie Transportschiffe, Handelsschiffe und Zerstörer, zu zerstören, die weniger Panzerung hatten als Schlachtschiffe oder Kreuzer. Die Hs 293 wurde hauptsächlich von bemannten Bombern wie der Dornier Do 217, der Heinkel He 177 und der Heinkel He 111 getragen.
Einsatzgebiete und Operationen
Die Hs 293 wurde im Atlantik, im Mittelmeer und in anderen Kriegsschauplätzen eingesetzt, insbesondere gegen alliierte Geleitzüge und Marineoperationen. Die Fähigkeit der Hs 293, aus großer Entfernung abgeworfen zu werden und über Funk gesteuert zu werden, gab den deutschen Bomberbesatzungen einen strategischen Vorteil gegen feindliche Schiffe.
Bekannte Einsätze
- Angriff auf die HMS Egret (1943): Der erste erfolgreiche Einsatz der Hs 293 fand im August 1943 statt, als die HMS Egret, eine britische Sloop, von einer Hs 293 getroffen und zerstört wurde. Dies war der erste dokumentierte Fall, bei dem ein Schiff durch eine ferngelenkte Bombe zerstört wurde.
- Operation Avalanche (1943): Während der Landung der Alliierten in Italien im September 1943 wurden mehrere alliierte Schiffe, darunter die USS Savannah, von Hs 293-Bomben schwer beschädigt.
- Angriff auf den Geleitzug SL 139/MKS 30: Im November 1943 wurde der alliierte Geleitzug SL 139/MKS 30 von deutschen Bombern angegriffen, die Hs 293 einsetzten. Mehrere Schiffe wurden getroffen, darunter das Truppenschiff Rohna, das sank und über 1.000 Menschen das Leben kostete.
Stärken und Schwächen der Hs 293
Stärken
- Präzision: Die Hs 293 konnte durch Fernsteuerung auf das Ziel gelenkt werden, was eine deutlich höhere Trefferwahrscheinlichkeit ermöglichte als bei herkömmlichen Bomben.
- Lange Reichweite: Die Hs 293 konnte aus sicherer Entfernung abgeworfen werden, was den Bomberbesatzungen erlaubte, außerhalb der Reichweite von Schiffsabwehrsystemen zu bleiben.
- Zerstörungskraft: Der hochexplosive Gefechtskopf der Hs 293 konnte schwere Schäden an schlecht geschützten Zielen wie Zerstörern, Frachtschiffen und Transportern verursachen.
Schwächen
- Verwundbarkeit der Trägerflugzeuge: Die Bomber, die die Hs 293 trugen, mussten oft in großer Höhe und in langsamer Geschwindigkeit fliegen, um die Bombe abzufeuern und zu steuern, was sie anfällig für Jagdflugzeuge und Flak machte.
- Abhängigkeit von Sichtkontakt: Da die Bombe durch optische Verfolgung und Funkbefehle gelenkt wurde, war sie von guter Sicht und Wetterbedingungen abhängig. Schlechte Sicht oder elektronische Störungen konnten den Erfolg der Hs 293 beeinträchtigen.
- Gegenmaßnahmen: Gegen Ende des Krieges entwickelten die Alliierten elektronische Störsysteme, um die Funksteuerung der Hs 293 zu stören, was ihre Effektivität erheblich verringerte.
Zusammenfassung
Die Henschel Hs 293 war eine der ersten ferngelenkten Gleitbomben und eine der ersten Präzisionswaffen, die während des Zweiten Weltkriegs zum Einsatz kam. Ihre Fähigkeit, aus sicherer Entfernung und mit hoher Präzision gegen Schiffe eingesetzt zu werden, machte sie zu einer bedeutenden Luft-Boden-Waffe der deutschen Streitkräfte. Obwohl sie in einigen Einsätzen erfolgreich war, konnte ihre Effektivität durch technologische Entwicklungen und elektronische Gegenmaßnahmen der Alliierten eingeschränkt werden.
Trotz ihrer relativ kurzen Einsatzzeit markierte die Hs 293 einen wichtigen Schritt in der Entwicklung von gelenkten Bomben und ebnete den Weg für zukünftige Präzisionswaffen.