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Technik_Entwicklung
1943
Beschreibung

Die Henschel Hs 293 war eine funkferngesteuerte deutsche Gleitbombe im Zweiten Weltkrieg, die vor allem für den Einsatz gegen Schiffe vorgesehen war. Die Waffe wurde nach Sicht manuell in das Ziel geführt (heute als MCLOS bezeichnet) und war einer der ersten Vorgänger heutiger Seezielflugkörper. Die Hs 293 wurde in Schönefeld bei Berlin von der Henschel Flugzeug-Werke AG entwickelt und gebaut.
Der Auftrag für die Entwicklung des Flugkörpers wurde im Frühjahr 1940 Herbert Wagner erteilt.

Die Hs 293 wurde aus der Sprengbombe SC 500 (Sprengbombe, cylindrisch, 500 kg) abgeleitet. Sie besaß Tragflächen und ein Leitwerk, was sie zu einer Gleitbombe machte. Nach dem „Zieldeckungsverfahren“, bei dem Flugkörper und Ziel stets in Deckung gehalten werden müssen, wurde die Bombe ins Ziel gelenkt. Um die Erkennung für den Bombenschützen zu erleichtern, war am Heck des Flugkörpers für den Einsatz bei Tag ein rauchloser Leuchtsatz und für Nachteinsätze ein kleiner Scheinwerfer vorhanden. Im Gegensatz zur freifallenden Lenkbombe Fritz X musste nach dem Abwurf das Ziel nicht weiter überflogen werden, um einen präzisen Treffer zu erreichen. Während der Erprobungen in der Versuchsstelle der Luftwaffe Peenemünde-West zeigte sich, dass insbesondere bei geringen Flughöhen die zur Verfügung stehende Steuerzeit sehr gering war.

Die Gleitbombe wurde vom Trägerflugzeug aus über eine Funkfernsteuerung mit 18 Kanälen im Frequenzbereich um 50 MHz ins Ziel gesteuert. Die Fernsteueranlage bestand aus einem Sender (FuG 203) mit dem Decknamen „Kehl“ im Flugzeug und dem „Straßburg“-Empfänger (FuG 230) in der Gleitbombe. Eine elektrische Drahtlenkung mit Tonfrequenzsteuerung über einen nachgeschleppten doppelten Saitendraht von max. 30 km Länge (2 × 18 km in der Bombe, 2 × 12 km im Flugzeug) war in Entwicklung, kam jedoch nicht zum Einsatz. Damit wäre die Hs 293 gegen Funkstörungen unempfindlich gewesen. Auch wurde eine „FB“(Fernsehbild)-Steuerung mit einer Auflösung von 224 Zeilen entwickelt, mit der das Bild einer Kamera („Tonne“; ca. 17 cm × 17 cm × 40 cm groß) in der Gleitbombe per Funk zum „Seedorf“-Fernsehempfänger im Flugzeug übertragen wurde, um so eine Zielführung zu ermöglichen. Diese Version Hs 293 D mit „Tonne“/„Seedorf“-Anlage gelangte nicht mehr zur Serienreife.

Für den Antrieb gab es Versuche sowohl mit einem Schmidding-Flüssigtreibstoff-Raketentriebwerk als auch mit einem Feststofftriebwerk 109-515 von Rheinmetall-Borsig. Man entschied sich dann jedoch für ein von Walter entwickeltes Flüssigkeitsraketentriebwerk Walter HWK 109-507, das nach dem „kalten Walterverfahren“ arbeitete. Dieses diente nicht dem eigentlichen Antrieb, sondern sollte die Gleitbombe lediglich in der Abwurfphase beschleunigen, um sie vor das Trägerflugzeug und damit ins Blickfeld des Bombenschützen zu bringen. Es wurde nach dem Abwurf automatisch gezündet. Um die Geschwindigkeit im Bahnneigungsflug ab ca. Mach 0,75 zu begrenzen, waren an den Tragflächenenden Widerstandskörper angebracht.


Kreisel der Hs 293
Die Gleitbombe wurde in einem Polarkoordinatensystem von einer Proportionalsteuerung gesteuert, die Quer- und Höhenruder betätigte. Ein Seitenruder gab es nicht. Von einer Staudrucksonde (Pitotrohr) wurde die Geschwindigkeit erfasst und der Ausschlag des Höhenruders mit beeinflusst, um eine konstante Trimmung zu erhalten. Zur Minimierung des Rollens wirkte ein Kreiselgerät zusätzlich auf die Querruder ein und stabilisierte so die Bombe.

Der Gefechtskopf der Hs 293 bestand aus 300 kg gegossenem Amatol 60/40. Als Zündhilfe war ein mit TNT-Pellets gefüllter Stab eingearbeitet, der vom Hauptzünder nach vorn lief.


HS-293-Gleitbombe, technische Beschreibung, aus einem US-Bericht über Feindwaffen
Bei der Bahnvermessung fielen aus etwa 100 Messuhren Daten an. Deren manuelle Verarbeitung war mit den damals eingesetzten Tischrechenmaschinen für das Personal in der geforderten Entwicklungszeit auch bei einem Zweischichtbetrieb nicht möglich gewesen. Daher wurden zur Ermittlung der Korrekturwerte für Quer- und Höhenruder die 1942/43 von Konrad Zuse entwickelten „Spezialrechner 1 und 2“ mit Analog-Digital-Umsetzern verwendet.

Titelbild
Henschel HS-293
Galerie

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