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Die WM in Katar

Ich habe mir da so meine Gedanken gemacht. Die ganz große Begeisterung will sich nicht so recht einstellen. Ich habe versucht, die Gründe dafür zu beleuchten. Die meistgenannten Gründe sind ja die Menschenrechtssituation explizit bei den Arbeitern auf den Stadionbaustellen und die Haltung der kuwaitischen Regierung gegenüber Menschen, die sich zur Gruppe der LGBT*IQ zählen. Ja, alles gute Gründe, aber vielleicht nur oberflächlich betrachtet. Zum einen lässt sich die Zahl der Todesopfer bei den Bauarbeiten nicht genau beziffern. Die Zahlen reichen von einigen wenigen bis zu 13.000, je nachdem, wer zählt und zu welchem Ergebnis er kommen will. Die Situation der Arbeiter aus den ärmeren Ländern der arabischen Welt ist nach unseren Maßstäben fast überall katastrophal. Durch die Vergabe der WM ist Katar natürlich besonders in den Fokus gerückt und es wurden auch Verbesserungen durchgesetzt, die aber wiederum nach unseren Maßstäben absolut unzureichend sind und deren Nachhaltigkeit, wenn die WM vorbei ist, durchaus bezweifelt werden kann.

Auch bei LGBT*IQ ist das so eine Sache mit dem Fokus. Im gesamten arabischen und afrikanischen Raum ist die Akzeptanz und Toleranz gegenüber Menschen mit einer solchen sexuellen Orientierung nicht sehr hoch. Das Leben dieser Menschen in den entsprechenden Ländern ist schon sehr bedrückend. Ob eines der größten Sportereignisse dazu beitragen kann, diese Situation nachhaltig zu verbessern, wage ich zu bezweifeln.

Was mich so stört, sind die Unterschiede, die gemacht werden. Katar ist weit weg und interessiert sich eigentlich nur für die WM. Iran ist weit weg und da passiert jetzt nichts, was uns interessiert, also da diskutieren höchstens die Politiker. Ukraine ist eigentlich auch weit weg, aber es hat direkte Auswirkungen auf unser Leben und viele sind schon bereit, die Ungerechtigkeiten Russlands zu akzeptieren, damit es bei uns so weitergehen kann wie bisher. Ach ja, und was ist mit dem Klima? Solange es einen nicht betrifft, ist man Klimaschützer, sobald es einen betrifft, ist man Klimachaot.

Eigentlich ist diese Haltung ziemlich arrogant und selbstgerecht. Wir sind groß darin anderen Ländern die Menschenrechtskeule zu schwingen und den Moralapostel zu spielen. Leider ist mir diese Fassade mittlerweile zu bröckelig geworden.

Was mich aber auch an der WM und auch an vielen sportlichen Großveranstaltungen stört, ist der Kommerz der dahinter steckt. Eigentlich sind es nur mehr Gelddruckmaschinen für die jeweiligen Verbände die dahinter stehen und jedes Land versucht sich natürlich im besten Licht und mit immer gigantischeren Inszenierungen zu präsentieren.

Ich denke, eine Konzentration auf den sportlichen Aspekt würde den Reiz wieder erheblich steigern und es auch Ländern ermöglichen, eine WM auszurichten, die den derzeitigen Gigantismus nicht stemmen können.

Doch nun zu meinem Fazit. Ich werde die WM nicht boykottieren. Ich werde sie verfolgen, vielleicht nicht so intensiv wie sonst. Aber da ich Fußball liebe, wird die Begeisterung überwiegen. Ich bin mir auch meiner Inkonsequenz bewusst.

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