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Deutschland
Technik_Entwicklung
1967
Beschreibung

Die Bölkow Bo 105 ist ein leichter Hubschrauber des deutschen Herstellers Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB). Er wurde ab 1961 von Ludwig Bölkow und Emil Weiland bei der Bölkow Entwicklungen KG (ab 1965 Bölkow GmbH) entworfen und absolvierte am 16. Februar 1967 seinen Erstflug.

Das Muster wird neben einer Verwendung als ziviler Mehrzweckhubschrauber bis heute hauptsächlich von staatlichen Nutzern wie Polizei, Militär, Zivil- und Katastrophenschutz sowie in der Luftrettung eingesetzt. In der Bo 105 wurde der neu entwickelte gelenklose Rotorkopf eingeführt und erstmals im zivilen Hubschrauberbau mit zwei Wellenturbinen ein zweimotoriger Antrieb verwendet.
Ludwig Bölkow und Emil Weiland begannen in der 1955 gegründeten Bölkow Entwicklungen KG mit der Hubschrauberentwicklung. Da nach dem Zweiten Weltkrieg der Luftfahrzeugbau in Deutschland durch die Alliierten zunächst verboten worden war, musste Bölkow einen großen Entwicklungsrückstand aufholen und sah sich einer starken Konkurrenz gegenüber. Es galt, eine Marktlücke zu finden, in der die Firma Bölkow gegen die etablierten Hubschraubermodelle bestehen konnte. Was es noch nicht gab, war ein leichter Helikopter, der sicher (durch Zweimotorigkeit und generell redundante Auslegung aller wichtigen Systeme sowie einen hoch liegenden Heckrotor), dabei wartungsfreundlich, leicht zu fliegen, für Rettungseinsätze geeignet und günstig im Unterhalt war. Das für die Entwicklung notwendige Kapital kam zu 60 % aus Darlehen der Bundesregierung und sollte bei kommerziellem Erfolg des Hubschraubers zurückgezahlt werden. Bölkow arbeitete mit Risikoteilung in der Entwicklungsgemeinschaft mit den Lieferanten. So entwickelte der Getriebespezialist ZF Friedrichshafen das Wellengetriebe und stellte dieses für die Prototypen kostenlos zur Verfügung. Ebenso machten es andere Lieferanten mit ihren Systemen.

30-Pf-Briefmarke der Dauermarkenserie Industrie und Technik der Deutschen Bundespost (14. August 1975)
Als erster Hubschrauber weltweit besaß die Bo 105 einen Hauptrotor mit starrem Rotorkopf ohne Schlag- und Schwenkgelenke als Verbundkonstruktion, bestehend aus einem massiven Rotorkopf aus einer Titanlegierung mit innenliegenden Elastomerelementen zur Schlagdämpfung und Kegelrollen-Blattwinkellagern zur leichtgängigen Verdrehung der Rotorblätter entsprechend der Stellung der Taumelscheibe.[1]

Beim EC 135 wurde dieser zum lagerlosen Rotorkopf weiterentwickelt, der sich bei den meisten Modellen durchgesetzt hat.

Die zyklische Neigung der Rotorebene wird über den Einstellwinkel der kippbar gelagerten Rotorblätter erreicht, die sich bei größerem Einstellwinkel stärker in Schlagrichtung durchbiegen. Ermöglicht wurde dies, indem glasfaserverstärkter Kunststoff (GFK) für die Rotorblätter verwendet wurde – das Ergebnis, der Bölkow-Rotor, war ein leichter, aber sehr stabiler Rotor mit guten aerodynamischen Eigenschaften. Die Bo 105 gilt als erster Hubschraubertyp, der in der Lage war, einen Looping zu fliegen.[2][3] Er ist besonders gut steuerbar, weshalb er in Deutschland und Schweden als Militärhubschrauber (insbesondere für die Panzerabwehr) ausgewählt wurde.

Der Prototyp der Bo 105 absolvierte mit dem neuen Rotor erstmals am 16. Februar 1967 mit Chef-Testpilot Wilfried von Engelhardt seinen 18-minütigen Erstflug. Obwohl zunächst mit Turbinen aus deutscher Fertigung experimentiert wurde (zwei MAN-Wellenturbinen mit je 375 PS), kamen in der Serienfertigung Rolls-Royce/Allison 250-C18-Wellenturbinen zum Einsatz, die eine Entwicklung der Detroit Diesel Allison Division (DDA) der General Motors Corporation waren; das Hauptrotorgetriebe, Zwischenkegeltrieb und Heckrotorgetriebe mit der Bezeichnung ZF–FS 72A wurden von der ZF Friedrichshafen AG geliefert.

Noch vor dem Beginn der Serienfertigung fusionierte Bölkow 1969 zum Konzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB). In vielen Entwicklungsschritten wurde die Bo 105 kontinuierlich verbessert. MBB fusionierte 1982 zu MBB-ERNO, diese wurde 1989 Teil der DASA, deren Hubschraubersparte 1992 in die Eurocopter Group aufging (seit 2013 Airbus Helicopters). 1994 kam mit der Bo 105 CBS-5 eine nochmals modernisierte Version auf den Markt. Neben der schon von der „S“-Variante bekannten, um 25,4 cm (10 Zoll) verlängerten, Kabine und den zwei zusätzlichen kleinen Seitenfenstern besitzen die CBS-5-Muster einen nochmals effizienzgesteigerten Hauptrotor, der einem Kampfwert-Steigerungsprogramm der Bundeswehr entstammt, sowie ein modifiziertes Hauptrotorgetriebe ZF–FS 72E.

Die MBB Bo 105 diente in vielen technischen Belangen als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines neuen Hubschraubers, der zunächst als Bo 108 bezeichnet wurde. Die Firmen MBB und Aérospatiale verschmolzen jedoch noch vor dessen Fertigstellung zum heute weltgrößten Hubschrauberhersteller Eurocopter, der das Nachfolgemodell als EC 135 vorstellte.

Titelbild
Gerlin Gatow - Bölkow Bo 105 (2019)

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